entkoffeinierter kaffee

Wirklich guter entkoffeinierter Kaffee ist schwer zu finden. Dabei finden wir, ist er doch der Kaffee des wahren Kaffeegenießers. Warum wir das finden und wie die Entkoffeinierung funktioniert, erklären wir dir hier.

 

Entkoffeinierter Kaffee, Spezialitätenkaffee, Entkoffeinierungsverfahren

 

Wir legen heute ein teamintern beliebtes und über alle Kaffeebartheken hinweg heißdiskutiertes Thema auf den Tisch: Entkoffeinierter Kaffee.  Dieser Blog möchte einen Überblick über verbreitete Verfahren zur Entkoffeinierung von Rohkaffee geben und manchmal arg technische Begriffe wie überkritisches CO2, Dichlormethan oder Ethylacetat hoffentlich vereinfachend aufschlüsseln. Außerdem wagen wir uns zum Abschluss an eine kleine Aussicht auf die Zukunft entkoffeinierter Kaffees. Na dann: Abfahrt!

Als Erfinder entkoffeinierter Kaffees gilt der Bremer Kaufmann und Gründer des bekannten Kaffeehandelshauses HAG, Ludwig Roselius. Er entdeckte, dass das Volumen der Kaffeebohnen und damit auch die Oberfläche und Kontaktfläche des Kaffees bei Kontakt mit Wasser(dampf) zunimmt und das gebundene Koffein durch ein Lösemittel auf diese Weise effektiv herausgelöst werden kann. Auch heute ist der Wasserdampf vor der Entkoffeinierung durch ein Lösemittel und dem finalen Trocknen ein zentrales Element im dreistufigen Entkoffeinierungsprozess, unabhängig von der Art des Entkoffeinierungsverfahrens:

Die Behandlung mit heißem Wasserdampf in einem geschlossenen Behälter macht die Oberfläche und Zellstruktur der Rohkaffeebohnen durchlässiger für das folgende Lösungsmittel. Teilweise unter Druck wird dabei der Feuchtigkeitsgehalt des Rohkaffees über 0,5-3 Stunden von ungefähr 10-12 auf 30-50% erhöht (Quelle: Deutscher Kaffeeverband).

Im zweiten Schritt tritt der Rohkaffee in mit einem Lösemittel in Kontakt, das das Koffein aus dem Kaffee zu lösen vermag. Dieser Schritt wird über mehrere Stunden so häufig wiederholt bis der gewünschte Koffeingehalt im Rohkaffee erreicht wird. Das mit Koffein beladene Lösemittel wird in einem separaten Schritt meist durch Aktivkohle wieder vom Koffein getrennt und kann je nach Verfahren wiederverwertet werden. Das Koffein wiederum wird in zwei weiteren Schritten erhitzt und gewaschen und dadurch von der Aktivkohle gelöst und wieder zur Verfügung gestellt. Im letzten Schritt der Entkoffeinierung wird verbliebenes Lösemittel durch den erneuten Einsatz von Wasserdampf entfernt und ein Trocknungsprozess reduziert den Feuchtigkeitsgehalt des Rohkaffees wieder auf lagerungsfähige 10-12%. Die Trocknung wird entweder in einem Brandtrockner oder chargenweise in einem Trommel- oder Wirbelschichttrockner durchgeführt. Sie kann an Rohkaffeebohnen eine leichte und helle Bräunung verursachen (Quelle: Deutscher Kaffeeverband). Im Anschluss an diese Verfahren ist der entkoffeinierte Rohkaffee bereit, um, genauso wie ihre koffeinierten Verwandten, geröstet zu werden.

 

Lösemittel

Ziel eines Lösemittels ist es, dem Rohkaffee das Koffein zu entziehen, dabei aber für Aroma und Geschmack wichtige weitere Bestandteile, wie zum Beispiel Fette, auszusparen. Es sollte also möglichst selektiv für Koffein sein.

CO2

So ein sehr selektives und häufig eingesetztes Lösemittel ist Kohlendioxid (CO2), das je nach Druck und Temperatur in unterschiedlichen Zuständen verwendet werden kann.

Flüssig: Innerhalb eines Hochdruckextrakteurs wird das CO2 bei 65-70 Bar und 20 bis 25 °C im flüssigen Zustand durch ein Bett aus Rohkaffee geleitet, wobei dem Rohkaffee das Koffein entzogen wird.

Überkritisch: Als überkritisch wird der Zustand eines Stoffes bezeichnet, in dem er bei Temperaturen und Drücken oberhalb seiner kritischen Schwelle über die Dichte einer Flüssigkeit und gleichzeitig die Viskosität eines Gases verfügt.

Hier optimal, denn die flüssige Konsistenz bei gleichzeitig hoher Gas-ähnlicher Beweglichkeit führt zu schnellen und effizienteren Kontakten mit dem Rohkaffee und damit im Vergleich zum flüssigen CO2 zu einer schnelleren Lösung des Koffeins. Kohlendioxid befindet sich in diesem Zustand bei über 32,16°C und 76 Bar (Quelle: Deutscher Kaffeeverband).

Dichlormethan (DCM)

Bei diesem Verfahren wird das Koffein mit Hilfe von Diffusion mit Hilfe des organischen Lösemittels DCM innerhalb eines Hochdruckextrakteurs aus dem Rohkaffee gelöst. Auch DCM ist sehr selektiv, da es wertvolle Kaffeebestandteile weniger herauslöst. Jedoch werden im Vergleich zu den CO2-Methoden mehr aromatische Kaffeebestandteile gelöst. Die weitläufig verbreitete Sorge vor der potenziell krebserregenden Wirkung kann genommen werden, da die DCM-Konzentration im Rohkaffee nach der finalen Behandlung mit Wasserdampf ungefähr 100 mal niedriger als die in den USA und der EU zugelassene Höchstmenge liegt (Quelle: A. Farah, in Functional and Speciality Beverage Technology, 2009). Außerdem sind jene DCM-Spuren bei Rösttemperaturen um 220°C extrem volatil und werden beim Kaffeerösten abgelöst.

Ethylacetat

Auch Ethylacetat ist ein organisches und gleichzeitig sehr selektives Koffeinlösemittel. Es ist Bestandteil vieler Pflanzen, unter anderem von Zuckerrohr. Anfallende Reste bei dessen Produktion werden für die so genannte Sugar Cane Methode aufbereitet. Das bedeutet: Ethylacetat, Beiprodukt einer Fermentation des Zuckerrohrs, wird mit Wasser und dem Rohkaffee nach dessen Wasserdampf-Behandlung vermengt und entzieht dem Rohkaffee das gebundene Koffein. Das tolle daran: Es stellt ein für Produzenten günstiges und gleichzeitig prinzipiell ökologisch nachhaltiges (häufig als natürlich bezeichnetes) Verfahren dar. Weitere Infos zu diesem Verfahren liefert cafeimports, unserem Partner beim Bezug unseres kolumbianischen, entkoffeinierten Faultiers.

https://www.cafeimports.com/europe/north-america/ea-decaf

Schweizer Wasser-Verfahren (Koffeinfreies Extrakt)

Bei diesem interessanten, aber unter Experten umstrittenen Verfahren wird dem Rohkaffee in einem ersten Schritt mit Hilfe heißen Wassers das Koffein und aufgrund der schwachen Selektivität des Wassers viele Kaffeebestandteile entzogen. Dieses Wasser wird wiederum durch Aktivkohle gefiltert und entkoffeiniert. Es entsteht ein mit Kaffeebestandteilen angereichertes Wasser-Kaffee-Extrakt, das erneut erhitzt und mit dem zu entkoffeinierenden Rohkaffee in Verbindung gebracht wird. Durch das Koffein-Defizit des Extraktes wird dem neuen Rohkaffee das Koffein entzogen.

Das Verfahren kommt ohne eigenes Lösemittel aus, da Wasser als Koffeinlösemittel, wenn auch nur sehr langsam, effizient funktioniert. Jedoch wird die Koffein-Selektivität von Wasser und damit dieser Methode häufig als nicht ausreichend befriedigend bewertet, weil zu viele aromatische Kaffeebestandteile durch das angereicherte Wasser aus dem Kaffee gelöst werden sollen. Dieses Verfahren ist recht teuer und daher nicht weit verbreitet.

 

Koffeingehalt entkoffeinierter Kaffees

Der Restkoffeingehalt entkoffeinierter Kaffees darf entsprechend nationaler Verordnungen die Höchstgrenze von 0,1% nicht überschreiten (koffeinhaltiger Kaffee im Vergleich: 1,5%).

Es bleibt meist eine kleine Menge Restkoffein zurück, weshalb entkoffeinierte Kaffees als solches und nicht als „koffeinfrei“ bezeichnet werden.

 

Aussicht

Zum Abschluss möchten wir einen kleinen Ausblick auf die Bedeutung entkoffeinierter Kaffees heute und vielleicht zukünftig wagen.

Die Wertschätzung, die Spezialitätenkaffees seit einigen Jahren genießt, verändert unsere Wahrnehmung von Kaffee. Lange Zeit nur aufgrund koffeinspendender Eigenschaften konsumiert, eröffnet sich Kaffeetrinkern seit einigen Jahren eine neue Welt: Kaffee als Gourmetprodukt.

Mehr und mehr wird die Frage, „warum konsumiere ich Kaffee?“ anders beantwortet, Kaffee weniger funktionell als sinnlich betrachtet. Ist es bloß der Koffeingehalt, der mich am Kaffee reizt oder letztlich nicht doch eher der Geschmack?

Kaffee ist durch seine anspruchsvollen Anbaubedingungen und seine sensible Natur eine sehr begrenzt verfügbare Ressource, die durch den Klimawandel zusätzlich bedroht wird. Durch den Anbau in weit entfernten Ländern erfordert der Transport in die konsumierenden Länder weitere, ebenfalls begrenzte Ressourcen. All dies wird neben der wirtschaftlichen Entwicklung der produzierenden Länder dazu führen, dass Kaffee zunehmend teurer werden wird. Und mit ihm der Wirkstoff Koffein, der heute vielerorts noch ein entscheidendes Motiv für Kaffeekonsum darstellt.

Im Zuge dieses Fortschrittes wird sich vielleicht die Erkenntnis durchsetzen, Kaffee unabhängig vom Koffein genießen zu wollen. Die bewusstseinsstimulierende, oder besser -verändernde Wirkung des Koffeins ist in günstigeren Getränken oder sogar in Form dosierbarer Präparate in der Apotheke erhältlich. Dazu braucht es das teure und sensible Naturprodukt Kaffee nicht. Und möchte ich nicht gute Kaffees genießen dürfen, ohne mir Gedanken um die Auswirkungen des Koffeins auf mein Bewusstsein oder gar meine Gesundheit machen zu müssen? So wird sich auch der Anreiz zur Produktion entkoffeinierter Kaffees verschieben. Weg von einem Leben im Nischendasein für eine verhältnismäßig kleine Zielgruppe, hin zu einem Produkt, das allein aufgrund seiner aromatischen und geschmacklichen Besonderheiten konsumiert wird. Denn anders als der Wirkstoff Koffein, lässt sich das sensorische Erlebnis eines Kaffees nicht so einfach und günstig, wenn überhaupt, künstlich imitieren oder reproduzieren. Er wird somit in erster Linie aufgrund seines Geschmackserlebnisses weiter angebaut und getrunken werden.

Wir dürfen gespannt sein auf eine Entwicklung, in der entkoffeinierte Kaffees eine bedeutendere Rolle im Kaffeekonsum entlang der gesamten Wertschöpfungs- und Veredelungskette einnehmen und Produzenten und verarbeitende Parteien den Wert entkoffeinierter Kaffees neu berechnen werden. Es wird sich lohnen, Entkoffeinierungsverfahren weiterzuentwickeln, um Kaffeebohnen noch aroma- und zellstrukturschonender zu verarbeiten. Es wird sich lohnen, nicht nur irgendeinen Teil, sondern noch mehr die qualitativ hochwertigen Teile einer Kaffeeernte für die Entkoffeinierung einzusetzen. Diese Entwicklung wird hoffentlich dazu führen, dass wir in naher Zukunft vermehrt qualitativ und aromatisch wertvolle, entkoffeinierte Kaffees auf dem Markt finden werden.

Coffeelovers, ihr dürft gespannt sein!  

 

Autor: Frederik Baumann


gereifter beitrag frischerer beitrag


  • Frank am

    Hallo und Danke für den Interessanten Artikel, ich hatte gehofft eine Lösung zu finden .
    Ich hatte bisher immer den DECAF ( Pads ) von Senseo , habe aber gelesen, das der Caffee chemisch entkoffeiniert wird, von daher suche ich nach einem biologisch Caffee in Padform , was gar nicht so einfach ist. Welche Entkoffeinierung ist ( gesundheitlich ) die beste ? Biopads sollten ja grundsätzlich ohne Chemie sein oder sehe ich das falsch ?


wie siehst du das?